Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien
Sergeant Quare drangte sich durch die staubigen Busche, die Stiefel salz- und sandbedeckt. Der gro?e, kraftvolle Mann war immens stolz auf seine Seesoldaten und das, was sie leisten konnten.
Bolitho nickte ihm zu.»Alles scheint ruhig.»
Quare setzte seine Muskete ab und kniff in der grellen
Sonne die Augen zusammen.
«Noch zwei Stunden, Sir, dann sollten wir etwas sehen. «Er sprach den weichen Dialekt von Devonshire, fur Bolitho ein heimatlicher Klang. Quare zogerte.»Naturlich konnte das Schiff auch schon Anker gelichtet haben, Sir.«»Ja.»
Bolitho nahm die Flasche von Allday entgegen und lie? etwas Wasser uber seine Zunge rinnen. Abgestanden, wie es aus den Fassern des Schiffes kam, schmeckte es jetzt doch kostlicher als der beste Wein von St. James. Quare richtete sich auf, den Blick auf den gegenuberliegenden Abhang gerichtet.»Dort kommt Blissett, Sir. «Der Kundschafter rannte in Sprungen den Abhang herunter, scheinbar muhelos. Seine Muskete hatte er hoch erhoben, um zu vermeiden, da? sie irgendwo anstie?. Bolitho wu?te einiges uber Blissetts Vergangenheit und auch, weshalb Quare ihn zum Kundschafter bestimmt hatte. Der Seesoldat hatte fruher auf einem gro?en Gut in Norfolk als Wildhuter und Meisterschutze ein recht behagliches Leben gefuhrt. Bis er ein Auge auf eine Nichte seines Herrn geworfen hatte. Bolitho vermutete, da? die Angelegenheit wahrscheinlich verwickelter lag, als Quare wu?te, aber als Endergebnis war Blissett davongejagt worden und in die Stadt gegangen, um seinen Kummer in Alkohol zu ertranken. Ein Pre?kommando sa? ebenfalls in dem Gasthaus, und alles weitere geschah mit verzweifelter Zwangslaufigkeit, war aber jetzt Vergangenheit.
Blissett erreichte sie.»Es geht ganz gut weiter, sobald wir erst diesen Hang hinter ans haben, Sir. Die See liegt gleich dahinter, und die Bucht unterhalb dieser Felskuppe. «Dankbar nahm er eine Wasserflasche entgegen. Quare nickte.»Mr. Keens Gruppe wird etwa eine Stunde spater eintreffen als wir. Die andere Route ist langer. Trotzdem sollten wir gegen drei Uhr zu ihm sto?en. Was meinst du, Tom?»
Blissett hob die Schultern.»Anzunehmen, Sergeant. In den Schluchten bin ich auf ein paar Feuerstellen gesto?en, aber es waren keine neuen dabei. «Die letzten Worte fugte er hastig hinzu, weil sich einige Matrosen in Horweite plotzlich beunruhigt aufrichteten.»Hier waren seit langem keine Eingeborenen mehr.»
Bolitho hangte sein Fernrohr wieder um und winkte Swift.»Setzen Sie die Leute in Marsch, gleicher Abstand wie bisher. Sie ubernehmen mit zwei Mann die Nachhut und vergewissern sich, da? wir nicht verfolgt werden. «Auf dem von der Sonne ausgedorrten Abhang gab es keine Deckung. Fur einen Hinterhalt war diese Stelle ideal. Er spurte die Blicke der Manner auf seinem Rucken. Atemlos und von dem ungewohnten, rauhen Gelande schon mude, wurden sie ihn nie wieder respektieren, wenn sich herausstellte, da? er sie zu einer sinnlosen Jagd fuhrte. Er schnallte seinen Gurtel enger. Doch lieber er als Herrick; Herrick hatte um seinetwillen schon genug einstecken mussen.
Bolitho konzentrierte sich auf das Gelande vor ihm. Er ging stetig vor und versuchte dabei, sich die andere Seite des Berges vorzustellen.
Morgen wurde die Tempest, wenn der Wind gunstig war, wieder die sudlichste Landzunge umrunden. Falls dort Wachtposten standen, mu?ten sie das Schiff sofort sehen. Wichtiger war, da? Bolithos Kundschafter diese Posten entdeckten. Alles sollte ganz naturlich erscheinen. Schlie?lich verstand sich nicht nur der Anfuhrer der Meuterer aufs Tauschen.
Nach einem so schweren Sturm mochte von einem Schiff des Konigs erwartet werden, da? es in die Bucht zuruckkehrte, und sei es nur, um sich zu vergewissern, da? die Eurotas unbeschadigt geblieben war. Allday unterbrach seine Gedanken.»Ein Kundschafter gibt Signal, Captain. Ich glaube, er hat die andere Gruppe entdeckt. «Er grinste ungeruhrt.»Mein Gott, Mr. Keens Leute werden fluchen, wenn sie den Berg sehen, den sie noch erklettern mussen.»
Sergeant Quare verschwand schnell uber den Rand einer weiteren Schlucht. Gleich darauf tauchte er an einem gerollbedeckten Abhang wieder auf, wahrend uber ihm ein Seesoldat wie ein Taubstummer gestikulierte. Heftig atmend kehrte Quare zuruck.»Wir sollen warten, Sir.
Ein Mann von Mr. Keen sto?t gleich zu uns. «Er wischte sich uber Gesicht und Nacken.»In dem Gelande wird er seine Zeit brauchen.»
Bolithos Gruppe kauerte sich dankbar wieder zwischen das Gestrupp und wartete auf den Melder. Es dauerte eine ganze Stunde, bis er schlie?lich aus einer Schlucht auftauchte, offenbar am Rande der Erschopfung. Es war Bootsmannsmaat Miller, der zwar gewandt bei Sturm an Deck arbeitete oder mit seinen Leuten auf die schwankenden Rahen hinauskletterte, aber den Anforderungen dieser Insel kaum gewachsen war.»Lassen Sie sich Zeit. «Bolitho unterdruckte seine Ungeduld, fragte sich aber besorgt, weshalb Keen ihn geschickt hatte und sie damit auf der schwersten Etappe aufhielt.
Miller schnaufte laut.»Mr. Keens Empfehlung, Sir, und er…«Er schnappte nach Luft wie ein gestrandeter Fisch.»Wir haben Leichen gefunden. «Er deutete in die Richtung.»In einer kleinen Hohle, mit durchschnittenen Kehlen. «Plotzlich sah er aus, als wurde ihm bei der Erinnerung ubel.»Ich glaube, es waren Offiziere.»
Bolitho beobachtete ihn. Er wollte ihn nicht unterbrechen. Aber Quare fragte schroff:»Du glaubst?«Miller blickte an ihm vorbei.»Ja, George. So was sieht man immer noch. «Ein Schauder uberlief ihn.»Mr. Ross meint, da? sie schon seit Tagen tot sind. Sie waren voller Fliegen. Sind es noch.»
Bolitho nickte. Trotz ihres Entsetzens hatten entweder Keen oder Ross klaren Kopf behalten und nicht getan, wozu es jeden gesitteten Menschen trieb: die unbekannten Toten zu bestatten. Aber es waren gar keine Unbekannten. Vermutlich handelte es sich um die Offiziere der Eurotas, die ermordet worden waren, nachdem man sie in die abgelegene Hohle verschleppt hatte. Bolitho fragte sich, ob Keen der gleiche Gedanke gekommen war. Als er dem Mann, den er fur den Kapitan des Schiffes gehalten hatte, die Hand schuttelte, war er einem Morder in der Uniform seines Opfers gegen-ubergestanden.
Die Erkenntnis uberfiel ihn mit Macht: Viola hatte versucht, ihn zu warnen, sie konnte deswegen ebenso grauenhaft ums Leben gekommen sein.
«Gehen Sie zu Mr. Keen zuruck«, befahl er,»so schnell Sie konnen. Wir treffen uns wie vereinbart, mussen aber doppelt vorsichtig sein. «Er beobachtete, wie Miller seine Worte aufnahm.»Niemand darf uns bemerken. Wenn wir entdeckt werden, ehe wir losschlagen konnen, Miller, lichtet das Schiff Anker, dann hat Mr. Herrick keine Chance mehr, es aufzuhalten.»
Er fugte nicht hinzu, da? das Kommando an Land vorher noch ermordet werden wurde; doch Millers Gesicht verriet, da? er diese Uberlegung bereits selbst angestellt hatte. Bolitho sah Quare und die anderen an.»Auf! Es geht weiter. «Wieder stieg er den steilen Abhang hinauf, und jetzt waren Hitze und Strapazen vergessen.»Bleiben Sie in Deckung, Sir. «Quare flusterte es, als Bolitho neben ihm zwischen zwei Felsblocke kroch. Der Stein war gluhend hei?, und Bolitho wurde sich schmerzhaft der Schrammen und Prellungen bewu?t, die er sich wahrend der letzten Etappe zugezogen hatte. Das Terrain unterschied sich stark von dem auf der anderen Seite und war auch ganz anders, als es sich von See aus gezeigt hatte. Auf halber Hohe befand sich eine breite Kluft, und danach folgte ein Abhang, der sich bis zur Bucht hinunter erstreckte.
Und dort, flimmernd im Sonnenglast, lag die Eurotas immer noch vor Anker; mehrere Boote waren langsseits gegangen, und zwei weitere lagen oberhalb der Brandung auf dem Strand.
Auf dem Achterdeck und mittschiffs waren ein paar
Gestalten wahrzunehmen, aber nichts deutete darauf hin,
da? am Rumpf oder sonstwo gearbeitet wurde.
Bolitho hatte gern sein Fernrohr benutzt und das Schiff genauer inspiziert. Aber die Sonne stand in einem solchen