Klar Schiff zum Gefecht: Richard Bolitho - Kapitan des Konigs
Er packte Tyrells Arm.»Die Miranda hat fur uns Zeit gewonnen!«Er bemerkte kein Verstehen, nur Unglauben in den Augen des Leutnants.»Wenn sie eine Weile aushalt, konnen wir an die Brigg rangehen.»
Er beschattete seine Augen gegen den Sonnenglanz und beobachtete, wie die Brigg auf die beiden Transportschiffe lossturmte.
«Sie wird vor dem Bug der Golden Vleece vorbeisegeln und sie mit ihren Geschutzen bestreichen.»
Laut brullte er seine Gedanken hinaus.»Wir werden sofort uber Stag gehen, zwischen den Transportern durchsegeln und die Ehrung erwidern!»
Tyrell bi? sich auf die Lippen.»Aber wir konnten dabei mit dem Feind kollidieren, Sir!»
Bolitho packte ihn bei den Schultern, drehte ihn herum und deutete zu den ineinander verbissenen Schiffen hinuber.
«Mann, wollen Sie, da? diese Burschen dort fur nichts sterben?»
Er stie? ihn zur Reling.»Und jetzt klar zum Wenden, sobald ich den Befehl gebe!»
Die Brigg lag nun etwa eine Meile entfernt, genau vor dem schnittigen Kluverbaum der Sparrow. An Bord des ersten Transportschiffes wirbelte der Rauch eines Schusses auf, doch war kein Treffer auszumachen.
«Signalisieren Sie den Transportern, auf Station zu bleiben, Mr. Bethune!«Er wiederholte den Befehl, um den Fahnrich aus seiner Erstarrung herauszurei?en.»Vorwarts!»
Wenn einer der beiden Transporterkapitane jetzt den Kopf verlor, wurde alles schiefgehen. Mit Leichtigkeit konnte der Feind sie dann erledigen oder aufbringen. Auch jetzt noch war nicht viel zu hoffen. Von der ersten schrecklichen Uberraschung bis zu diesem Augenblick waren tatsachlich nur wenige Minuten vergangen.
Bolitho stutzte sich auf die Reling. Seine Augen schweiften uber die geduckten Kanoniere, uber die beiden Ruderganger an ihrem ungeschutzten Ruderrad und zu Buckle hin, der mit grimmigem Gesicht nach oben in die Segel starrte.
Dann fiel sein Blick auf Raven, den neuen Steuermannsmaat, der ihn schuldbewu?t und unglucklich anstarrte.»Sie konnten das nicht wissen«, sagte Bolitho.»Das Kaperschiff war fruher tatsachlich ein Indienfahrer.»
Raven schuttelte den Kopf. Er war so sehr mit seinem Mi?geschick, den Feind nicht erkannt zu haben, beschaftigt, da? er das immer wieder aufflammende Geschutzfeuer gar nicht zu bemerken schien.»Ich hatte es sehen sollen, Sir, aber ich sah nur, was ich zu sehen erwartete, und es tut mir machtig leid, weil Sie mir eine Chance gegeben haben vorwartszukommen.»
Bolitho lachelte. Es kostete ihn solche Anstrengung, da? er meinte, die Lippen mu?ten ihm rei?en.
«Und heute werde ich Ihnen noch mal eine Chance geben, Mr. Raven. «Er trat zuruck. Die Hande hielt er hinter seinem Rucken verschrankt, der Degen schlug leicht gegen seine Hufte.
Buckle schurzte seine Lippen zu einem lautlosen Pfeifen.»So ein gelassener Bursche, der Tod schleicht sich durch die Ankerkluse an Deck, und er spaziert auf und ab wie zum Vergnugen.»
Mit starrem Lacheln schritt Bolitho das Achterdeck ab. Uber dem Kanonenfeuer wartete er mit angespanntem Gehor auf die Meldung, da? die Brigg den ersten Transporter erreicht hatte. Wenn der feindliche Kapitan Bolithos Plan durchschaute, war alles sinnlos. Dann mu?te die Sparrow entweder aus dem Gefecht fliehen und die wichtigen Neuigkeiten dem Admiral uberbringen oder bleiben und sich zum Todeskampf mit dem verkappten Indienfahrer rusten. Dann und wann feuerten immer noch einige Kanonen der Miranda. Ihre Geschutzmundungen beruhrten fast das feindliche Schiff. Zwischen den Decks der Fregatte mu?te es wie in einem Schlachthof aussehen. In Bolithos Gedanken breitete sich Verzweiflung aus.
«Die Brigg passiert den Bug des Transporters«, brullte Tyrell in diesem Augenblick.
Heftige Explosionen hallten uber die See. Bolitho wu?te, da? die Brigg nun ihre Steuerbordbatterie abfeuerte, wahrend sie vor dem Bug des Transportschiffes vorbeirauschte. Bevor sie hinter der plumpen Masse der Golden Vleece verschwand, sah Bolitho die amerikanische Flagge ubermutig von ihrer Gaffel wehen und auf ihrem niedrigen Deck die Musketen der Scharfschutzen aufblitzen.
«Jetzt!«Bolithos Stimme zerschnitt gellend die Luft.»Ree!»
Das Ruder drehte sich achzend. Auf den dichtbesetzten Decks warfen sich die Seeleute an die Brassen, und der ganze Schiffsrumpf zitterte unter der Erschutterung. Blocke kreischten, und die machtigen Rahen schwangen knarrend mit solcher Geschwindigkeit herum, da? Bolitho fuhlte, wie das ganze Schiffsgefuge sich bebend auflehnte. Aber nichts kam von oben. Das Rigg hielt stand, und als sich die Sparrow in der Wende stark uberlegte, hoben sich die killenden Segel und fullten sich im Schub des Windes.
Bolitho hob beide Hande an den Mund.»Mr. Graves! Zuerst die Backbordgeschutze! Sie werden den Zweiunddrei?igpfunder selbst richten!»
Graves nickte. Dann verschwand er unter der Back und rannte an das Buggeschutz.
Wie schnell die Sparrow segelte, obwohl ihre unteren Segel wegen der Feuergefahr wahrend des Gefechtes aufgegeit waren. Die Gro?stenge schien sich nach vorn zu biegen, der Stander im Topp zuckte waagrecht im Wind und deutete uber den Bug voraus, als ob er den Weg weisen wollte.
Schon kreuzte der Kluverbaum hinter dem Heck des fuhrenden Transporters durch, und an Steuerbord sah Bolitho das zweite Frachtschiff, die Bear, die ihren Kurs leicht anderte, als ob sie eine Kollision mit der Korvette furchtete, die schaumend ihren Weg kreuzte. Jenseits der Golden Vleece krachten wieder Schusse, und der Rauch, der langs ihrem Rumpf aufquoll, zeigte deutlich, wo die Brigg vorbeizog.
Vom Bug her gellte ein Schrei:»Das ist sie, backbord voraus!»
Das unerwartete Auftauchen der Sparrow zwischen den beiden Transportern schien den Kapitan der Brigg vollig uberrascht zu haben. Der Amerikaner segelte auf Steuerbordbug mit einer Kabellange Abstand an der Seite der Golden Vleece entlang.
«Wir werden vorm Bug der Brigg passieren und sie gleichzeitig mit der Backbordbatterie bestreichen«, schrie Bolitho. Er bemerkte, da? ihn einige der Leute mit angespannten und verwirrten Gesichtern von ihren Stationen bei den Geschutzen anstarrten. Er zog seinen Degen und hob ihn hoch uber den Kopf.»Haltet euch gut, Manner! Jede Kugel ein Treffer!»
Die Brigg war nun kaum eine Kabellange entfernt. Der Bugspriet zeigte im rechten Winkel auf die Gallionsfigur der Sparrow. Der Abstand schrumpfte mit furchterlicher Geschwindigkeit zusammen, und Bolitho wu?te, wenn er sich verschatzt hatte oder wenn der Wind in diesem Augenblick abflaute, dann wurde der Feind wie ein Rammbock in die Flanke der Korvette krachen und ihre Planken weit aufrei?en.
Der gro?e Zweiunddrei?igpfunder im Bug brach den Bann. Das Bersten der Explosion ubertrug sich mit heftigem Beben der Decksplanken bis zu den Fu?en Bolithos hin. Er sah, wie druben auf der Brigg Wanten brachen und helle Holzsplitter durch die Luft wirbelten, als die Kugel in die festgezurrten Boote schmetterte. Dann folgte Schu? um Schu? der vollen Breitseite. Graves tobte wie ein Teufel im rauchverschleierten Sonnenlicht, schwang seinen Sabel und brullte einer Geschutzbedienung nach der anderen seine Befehle zu.
In wahnsinniger Hast versuchte der feindliche Kapitan sein Schiff zu wenden, um dem rasenden Angriff der Sparrow zu begegnen. Aber die Brigg konnte ihre Artillerie nicht zum Einsatz bringen. Teile des Riggs und die meisten Vorderwanten hingen wie schwarzer Seetang uber ihr Deck. Sie taumelte wie betrunken im wohlgezielten Gescho?hagel.
Endlich brachte der Feind mit hartgelegtem Ruder sein Schiff wieder unter Kontrolle, und die zerfetzten Segel fingen wieder etwas Wind ein. Da und dort krachte ein Schu?, aber in ihrer Eile und Aufregung schossen die Amerikaner auf gut Gluck in den wirbelnden Rauch.
«Laden und ausrennen«, brullte Tyrell in das Getose.»Schneller!»
Bolitho beugte sich zum Geschutzdeck hinunter.»Nicht auf eine Breitseite warten«, schrie er.»Jeder Geschutzfuhrer soll feuern, sobald er geladen hat!«Er wu?te, da? diese Geschutzbedienungen nicht in der Lage waren, eine gemeinsame Salve abzufeuern, wenn sie erst einmal unter dem Beschu? des Gegners lagen.