Klar Schiff zum Gefecht: Richard Bolitho - Kapitan des Konigs
«Marssegel Geitaue! Vorwarts Leute!«Bethunes Stimme ubertonte die gebrullten Befehle und das flappende Schlagen der Segel.»Vom Flaggschiff an Sparrow, Sir. Kapitan an Bord melden. «Bolitho nickte.»Bestatigen. «Der Admiral schien es recht eilig zu haben.»Ruder legen!»
Sanft und muhelos drehte die Sparrow ihren Kluverbaum gegen den Wind. Die Toppsgasten wetteiferten miteinander, die storrischen Segel aufzutuchen.
«Fallen Anker!»
Mit kurzem Platschen tauchte der Anker in die See und sank auf den Grund. Noch bevor sich Graves umwandte, um dem Achterdeck das Zeichen zu geben, da? der Anker gefa?t hatte, brullte Tilby, der Bootsmann, bereits nach Leuten, die die Gig ausschwenken sollten.
Tyrell kam nach achtern und tippte an den Hut.
«Hoffentlich gibt's gute Nachrichten, Sir!»
«Danke.»
Bolitho fragte sich, wie es wohl in Tyrells Gedanken aussehen mochte. Er war nach seiner heimatlichen Kuste zuruckgekehrt. Sandy Hook. Auf seines Vaters Schoner mu?te er hier oft entlanggesegelt sein. Aber au?er einer zuruckhaltenden Wachsamkeit, die er seit dem Gefecht zeigte, verrieten seine Zuge nichts von dem, was er dachte. Tyrell hatte keine Muhen gescheut, die Schaden am Schiff zu reparieren. Er hatte eine Art, die man im ersten Augenblick als lassig, ja sogar fluchtig bezeichnen wurde. Aber es gab keinen Zweifel an seinen Fahigkeiten oder an der Scharfe seiner Worte, wenn jemand toricht genug war, sein Gebaren fur Schwache zu halten.
«Ich glaube nicht, da? ich lange auf dem Flaggschiff sein werde. «Bolitho sah zu, wie die Besatzung der Gig sich uber die Seite ins Boot hinunterschwang.
«Vielleicht wird Sie der Admiral zum Essen einladen, Sir. «Tyrells Augen zwinkerten mit verhaltenem Lacheln.»Ich glaube, die alte Parthian ist fur ihre gute Kuche beruhmt.»
«Gig ist klar, Sir«, rief Stockdale.
Bolitho sah Tyrell an.»Treffen Sie die erforderlichen Ma?nahmen zur Frischwasser- und Proviantubernahme. Ich habe Mr. Lock bereits gesagt, er solle sehen, frisches Obst zu beschaffen.»
Tyrell folgte ihm bis zur Schanzkleidpforte, wo die Seitenwache angetreten war.
Nach kurzem Zogern fragte er leise:»Wenn Sie irgend etwas erfahren konnten, was mit. «Er zuckte die Achseln.»Aber ich glaube, Sie werden zu viel zu erledigen haben.»
Bolitho lie? seine Augen uber die Seeleute schweifen. Hatte er sie kennengelernt, seitdem er das Kommando ubernommen hatte? Wu?te er uberhaupt, was sie von ihm dachten?
«Ich werde tun, was ich kann«, antwortete er dann.»Vielleicht hat Ihr Vater irgendeine Nachricht fur Sie geschickt.»
Tyrell starrte ihm nach, wie er ins Boot kletterte. In seinen Ohren schrillten die Bootsmannspfeifen.
Als Bolitho durch eine vergoldete Gangwaypforte die Parthian bestieg und mit dem Hut zum Achterdeck hin gru?te, fuhlte er sich augenblicklich an die Trojan erinnert, an das Leben, das er erst vor kurzer Zeit hinter sich gelassen hatte. All die bekannten Geruche, die vertrauten Bilder sturmten auf ihn ein, und er wunderte sich, da? er schon so vieles aus jenen Tagen vergessen hatte.
Ein Leutnant fuhrte ihn zur Kajute des Flaggkapitans und nahm ihm die Depeschen und einen Postsack ab, den die Miranda aus England mitgebracht hatte.
«Der Admiral wird das zuerst lesen wollen, Sir. «Seine Augen glitten rasch uber Bolithos neuen Uniformrock. Vielleicht suchte er nach einer Antwort auf die standige Frage: Warum er und nicht ich?
Eine ganze, endlos sich dehnende Stunde lang mu?te Bolitho warten. Um sich selbst davon abzuhalten, immer wieder nach der Uhr zu sehen, zwang er sich, auf die Gerausche an Bord zu achten, auf den altbekannten Larm einer wimmelnden Gemeinschaft, die in einem einzigen machtigen Schiffsrumpf zusammengepfercht war. Er brauchte seine Einbildungskraft kaum zu bemuhen, um Kapitan Pears' schneidende Stimme tadeln zu horen:»Mr. Bolitho, sehen Sie denn nicht, da? die Luv-Fockbrasse so lose ist wie ein Sauschwanz? Bei meiner Seele, Sir, Sie werden sich mehr anstrengen mussen, wenn Sie weiterkommen wollen.»
Er lachelte wehmutig, als der Leutnant endlich zuruckkehrte und ihn ohne weitere Umstande nach achtern in die gro?e Heckkajute fuhrte. Sir Evelyn Christie, Konteradmiral und Kommandeur des Kustengeschwaders, fachelte sein Gesicht mit einer Serviette, und nach einem prufenden Blick auf Bolitho sagte er kurz:»Ein Glas Bordeaux, Kommandant?»
Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern winkte seinem Diener, einem prachtig aussehenden Mann in roter Jacke und leuchtendgelben Hosen.
«Ich war ein wenig uberrascht, den Bericht mit Ihrem Namen unterzeichnet zu sehen.»
Die Augen des Admirals waren auf den Bordeaux gerichtet, als ob er den Diener warnen wollte, nur ja keinen Tropfen zu verschutten.
«Sie schreiben, da? Ransome am Fieber gestorben ist.»
Er nahm sein Glas und prufte es kritisch.
«Eine verdammt faule Sache. Wenn Sie mich fragen, war er ein junger Fatzke, zuviel Geld und verdammt keine Ehrlichkeit.»
Nachdem er Ransome so mit ein paar Worten abgetan hatte, fuhr er ruhig fort:»Ich nehme an, da? Sie sich uber die Anderung der Plane Gedanken gemacht haben, eh?»
Bolitho fuhlte, wie ein Stuhl hinter seine Beine geschoben wurde, und bemerkte, da? es der schweigende Diener irgendwie fertiggebracht hatte, gerauschlos und fast ohne sich zu bewegen, ein Glas Bordeaux auf einem kleinen Tischchen abzustellen und einen Stuhl zu holen.
Der Admiral runzelte die Stirn.»Beachten Sie ihn nicht. Der Kerl ist ein Narr. «Mit Scharfe fugte er hinzu:»Nun?»
Bolitho war ein wenig aus der Fassung gebracht.
«Ich erwartete, da?.»
Konteradmiral Christie unterbrach ihn:»Ja, naturlich, das kann ich mir denken.»
Er machte eine Pause und hielt seinen Kopf schief wie ein gereizter Vogel.»Der Bordeaux, ist er gut?»
«Sehr gut, Sir Evelyn!»
«Hmm. «Der Admiral lie? sich vorsichtig in einem vergoldeten Sessel nieder.»Hab' ihn im vergangenen Monat einem Blockadebrecher abgenommen. Schmeckt angenehm.»
Uber ihm krachte irgendein Metallgegenstand auf das Deck.
Der Admiral fuhr hoch und zischte seinen Diener bose an:»Gehen Sie und melden Sie dem Wachoffizier mit meiner freundlichen Empfehlung, da? ich ihn personlich zur Verantwortung ziehen werde, wenn ich wahrend dieser Unterredung noch einen einzigen unpassenden Laut hore.»
Der Diener sturzte aus der Kajute, und in den Zugen des Admirals erschien ein leichtes Grinsen.
«Man mu? sie in Trab halten, das ist meine Antwort. Man darf ihnen nicht zuviel Zeit zum Nachdenken geben.»
Im nachsten Augenblick ging er wieder auf anderen Kurs.
«Tatsache, Bolitho, die Dinge stehen nicht sehr gut fur uns. Gott sei Dank sind wenigstens Sie ein Mann, der seine Befehle zu befolgen wei?. Vielleicht hatte ich an Ihrer Stelle gesagt, zum Teufel, wegen so einem verdammten Patrouillenboot herumzulungern. Am Ende ware ich gar so weit gegangen, die Transportschiffe direkt der Armee zu ubergeben.»
Bolitho horchte auf. Es klang zwar ziemlich echt, aber vielleicht wollte der Admiral eine gewisse Kritik durchblicken lassen. Vielleicht meinte er, da? er selbst die Initiative hatte ergreifen und seine ursprunglichen Befehle befolgen sollen, anstatt so zu handeln, wie er es getan hatte.
Aber die nachsten Worte des Admirals nahmen diese Besorgnis wieder von ihm.
«Sie konnten das naturlich nicht wissen, aber die Armee ist im Begriff, Philadelphia zu raumen. Ruckzug!«Er betrachtete sein leeres Glas.»Klingt besser als Flucht, aber es bedeutet letztlich dasselbe.»
Bolitho war wie betaubt. Gelegentliche Ruckschlage konnte er verstehen. Dieser Krieg war so ausgedehnt, die Gebiete so weit und unbekannt, da? man einen Kriegsplan im alten Stil nicht erwarten konnte. Aber es war undenkbar, Philadelphia, die wichtigste Garnison am Delaware, zu raumen. Trotz seiner Vorsicht fuhr es ihm heraus:»Aber das war doch sicher unnotig, Sir? Ich dachte, wir hatten alle amerikanischen Forts und Vorposten am Delaware im vergangenen Jahr zerstort?»